Freitag, 20. Januar 2017

Der tränenreiche Abschied des Barack O.

Ist es wirklich das »Ende der Demokratie«, wenn Barack Obama nach acht Jahren samt Michelle und den Töchtern das Weiße Haus in Washington verlassen muß? 

Glaubt man den Worten des President of the United States (POTUS), seiner First Lady und der vielen Obama-Fans in den Medien, dann sieht die Welt jetzt finsteren Zeiten entgegen.

Die Nachrichtenagentur dpa veröffentlichte einen ausführlichen Artikel über die Gefangenen von Guantánamo, deren Zukunft jetzt besonders düster erscheint… Aber halt. Hatte nicht der smarte Barack O. im Wahlkampf und sogar noch zu Beginn seiner ersten Amtszeit versprochen, das völkerrechtswidrige Konzentrationslager auf kubanischem Territorium zu schließen?

Das Ende der zweiten Präsidentschaft Obamas führt uns besonders kraß vor Augen, wie weit Worte und Taten des POTUS auseinander liegen. Mindestens so weit wie die Schere zwischen Arm und Reich, die sich in seinen beiden Amtszeiten immer mehr geöffnet hat – letztlich wohl einer der wesentlichen Gründe, warum besonders viele Lohnabhängige bei den Wahlen im November nicht mehr für die »Demokraten« stimmten, sondern sich für den großmäuligen Milliardär Donald Trump entschieden.

Aber es gibt noch einige Punkte in der Regierungsbilanz Obamas, die uns den Abschied vom ersten schwarzen Präsidenten der USA nicht allzu schwer machen. In seiner Regierungszeit wurden mehr Bomben auf fremde Länder abgeworfen als in der achtjährigen Präsidentschaft seines Vorgängers Bush. Die Zahl der Drohnenangriffe stieg um ein Mehrfaches, und die Hinrichtung des mutmaßlichen Verantwortlichen für den Terror des 11. September 2001 ist nicht gerade ein Ruhmesblatt der Rechtsprechung, auch wenn der POTUS sich in seiner Abschiedrede damit brüstete. Unter seiner Verantwortung erfolgte der »Regimewechsel« in Libyen, einschließlich des Lynchmordes am libyschen Staatschef. Die Folge: Libyen ist ein bis heute unregierbarer Staat, und der Terror des »IS« und anderer marodierender Banden überzieht seitdem umso stärker viele Länder – nicht nur in Nordafrika und im Nahen Osten.

Unter Obamas Verantwortung begann das Programm der verstärkten nuklearen Aufrüstung, »Modernisierung« genannt, und er ist auch einer der Hauptverantwortlichen für die Verschärfung der Konfrontation mit Rußland, einschließlich des militärischen Aufmarsches an Rußlands Grenzen, dessen Zeugen wir gegenwärtig sind. Auch im Verhältnis zu Kuba gab es mehr Worte als Taten, die Haupthindernisse für normale zwischenstaatliche Beziehungen bestehen weiter.

Foto: "junge Welt"
Was von seinem Nachfolger zu erwarten ist, wissen wir noch nicht. Bisher gibt es nur viele Worte. Ernsthafte Deklarationen wird es wohl erst nach seiner Inauguration am heutigen Freitag geben. Möglicherweise wird er tatsächlich eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen lassen – immerhin ist er mit Bauunternehmungen steinreich geworden. Höchstwahrscheinlich wird er große Unternehmen zwingen, weniger im Ausland zu produzieren, denn er will ja »der größte Arbeitsplatzbeschaffer sein, den Gott je gesehen hat«. Für uns hier im alten Europa ist die Frage wichtig, wie er das Verhältnis zu Rußland und China gestalten wird. Da sind seine Bemerkungen zu angeblichen Hackerangriffen zunächst nichts weiter als Worte.

Sein künftiger Außenminister hat erkennen lassen, daß er zum Thema »Regimewechsel« in Syrien eine andere Position einnimmt als sein Vorgänger. Auch hier wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, ob sich die Taten den Worten annähern.

Von Uli Brockmeyer
aus „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“

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